Wahre Freiheit beginnt im Herzen – Martin Luthers Reformation

Vor einem halben Jahrtausend kam es in Europa zu einer großen geistesgeschichtlichen Umwälzung. Einer der Motoren hierfür war ein Mönch des Augustinerordens aus Eisleben. Mit seinen Erneuerungsgedanken hat er bis heute großen Einfluss.

Anfänge in Eisleben

Geboren wurde Luther am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts in Mitteldeutschland. Er wuchs mit einem jüngeren Bruder und drei Schwestern auf. Dem Wunsch seines Vaters entsprechend begann er in Erfurt ein Jurastudium. Doch 1505 geriet er auf dem Rückweg von seinen Eltern in ein heftiges Gewitter und versprach in starken Gebeten der Heiligen Anna, Mönch zu werden, wenn sie ihn retten würde. Ein Jahr später schon war es so weit; 1507 folgten Priesterweihe und Theologiestudium. Um 1510 besuchte er das Kirchenzentrum Rom für die Dauer eines Monats. 1512 wurde er zum Doktor der Theologie promoviert.

Entwicklung der Theologie

In den 1510er Jahren vollzog er in seiner Theologie schließlich die reformatorische Wende: Er hatte große Schwierigkeiten mit dem katholischen Bußsakrament und studierte gerade den Römerbrief. Besonders der Vers 1,17 („Der Gerechte wird aus Glauben leben“) öffnete ihm die Augen: Die Rechtfertigung eines Menschen wird allein durch den Glauben des Individuums vollzogen, aber nicht als Ergebnis besonderer Bußfertigkeit, sondern als göttliches Geschenk. Hiervon leitete Luther den Begriff der Heilsgewissheit ab: Luther lehnte die vom Vatikan verbreitete Unsicherheit der Gnade Gottes an.

Luthers 95 Thesen

Die sogenannte Ablassbulle von Papst Leo X. diente vornehmlich der Finanzierung des Neubaus des Petersdoms. Menschen, die einen Ablassbrief erwarben, versprach der Vatikan den Erlass fast all ihrer Sünden. Dadurch geriet Luther immer stärker in Konflikt mit der herrschenden Kirchenlehre: Die Schlüsselgewalt des Pontifex verneinte er; dessen Hauptaufgabe sei die Fürbitte für die christliche Gemeinde.

Er begann, seine 95 Thesen in Briefen zu verteilen. In diesen lehnte er die Angst vor dem Fegefeuer ab, bezweifelte die Wirksamkeit des Ablasshandels und hinterfragte dieses Finanzierungsmittel; der Papst sei doch reich genug, um den Bau seines Hauses selbst zu bezahlen. So berühmt auch die Szene ist, in welcher der Reformator seine Thesen an die Tür des Wittenberger Kirchengebäudes geschlagen haben soll – einen eindeutigen Beweis für die Geschichtlichkeit dieses Ereignisses gibt es bis dato nicht.

Auseinandersetzung mit dem Vatikan

Die Antwort aus Rom folgte: Während des Augsburger Reichstages befragte ihn ein Legat eingehend. Der Vorwurf der Häresie stand im Raum. Dennoch verweigerte Luther den eingeforderten Widerruf: Sein Gewissen band ihn allein an die Bibel. Dem Kirchenerneuerer kam der deutsche „Flickenteppich“ zugute: Es bestanden verschiedene Fürstentümer mit jeweils eigenen Gesetzen.

Friedrich der Weise regierte in Sachsen und war Luther wohlgesonnen. Aufgrund seiner Position innerhalb des Kurfürstenkollegiums zögerte Leo X., weitere Maßnahmen zu ergreifen. Unterdessen entfernte sich der umstrittene Priester weiter vom Heiligen Stuhl: Er stellte auch dessen Überlegenheit gegenüber den orthodoxen Kirchen infrage, zweifelte an der päpstlichen Unfehlbarkeit. 1520 verfasste er: Von der Freiheit eines Christenmenschen. Hier entwickelte er den Gedanken der Freiheit des Glaubens: „Siehe, das ist die rechte christliche Freiheit, die das Herz frei macht von allen Sünden, Gesetzen und Geboten, welche alle andere Freiheit übertrifft, wie der Himmel die Erde.“ Letztlich wurde er mittels Bannbulle exkommuniziert.

Weiterer Aufstieg und Lebensweg

Diese Tatsache sowie die Verbreitung seiner Schriften durch den Buchdruck machten Martin Luther äußerst bekannt. So entwickelte sich auch aus seinen Übersetzungen ins Deutsche die „Bibel für das Volk“. 1521 stand er vor Kaiser Karl V. und lehnte erneut einen Widerruf seiner Lehre ab. Er berief sich auf sein Gewissen. Das Wormser Edikt wurde erlassen, der Reformator war geächtet. Abermals rettete ihn Friedrich der Weise, dessen Macht als Kurfürst so groß war, dass der Kaiser auf eine Durchsetzung des Edikts in dessen Herrschaftsgebiet verzichtete.

Luther tauchte unter, heiratete schließlich die ehemalige Zisterziensernonne Katharina von Bora und gründete mit ihr eine Familie. 1529 legte er das Vater unser für Kinder und Laien aus. Das gemeinsame Haus wurde zum gesellschaftlichen Zentrum. 1534 brachte Luther eine komplette Bibelübersetzung heraus. In den folgenden Jahren verschlechterte sich sein Gesundheitszustand allmählich und er starb 1546 in Eisleben.

Martin Luthers Vermächtnis

Trotz seiner Leistungen war auch Martin Luther alles andere als perfekt: Er versagte dem Aufstand der Bauern seine Unterstützung und teilte mit vielen Menschen der damaligen Zeit den mittelalterlichen Antijudaismus.

Dennoch sind auch in der heutigen Zeit die Gedanken des Reformators bedeutsam: Die Reformation der Kirchen ist ein fortwährender Prozess. Im 21. Jahrhundert müssen sich die traditionellen Kirchen stärker hinterfragen denn je: Besonders die von Skandalen und Verbrechen ihrer Vertreter erschütterte katholische Kirche steckt in einer tiefen Krise. Aber auch die evangelische Kirche hält nach einer Form Ausschau, die den schnellen technologischen und gesellschaftlichen Umwälzungen gerecht werden kann. Maßstab ihres Handelns sollten dabei stets – wie einst bei Martin Luther – Wahrheit und Gewissen sein.